Unternehmer sein lernen

... einige Unternehmertypen

In der heutigen Zeit ist lebenslanges Lernen angesagt. Das gilt für alle Altersstufen, alle Berufe, alle Hierarchiestufen, alle Karrierephasen – also auch für Unternehmer und Unternehmerinnen. Aber was soll der Unternehmer lernen? Kann man ‚Unternehmer sein‘ lernen? Wir zeichnen hier ein paar Prototypen nach, die wir in unserer Beratungstätigkeit kennengelernt haben und die alle (noch) schwarze Zahlen schreiben. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht.

Die Rampensau

Er führt ein Unternehmen von ca. 100 Mitarbeitern. Er ist unglaublich agil, sprüht vor Ideen, redet alle in Grund und Boden und seine Akquisitionsaktionen sind genial. Man möchte meinen, der geborene Unternehmer.  Leider kommt er bei all den neuen Ideen nicht dazu, irgendeine davon umzusetzen und seine Mitarbeiter sind völlig frustriert, weil sie keine Arbeit zu Ende bringen können, ohne dass sie schon wieder überholt ist. Er hängt sie regelmäßig ab und wenn man mit ihm arbeitet, fällt es ihm schwer, nicht schon wieder eine Idee zu produzieren. Was sollte dieser Unternehmer lernen? Wird er sich ändern?

Der Konsequente

Er führte sein Unternehmen von einem kleinen Restaurant zu einem Catering-Unternehmen mit 400 Mitarbeitern. Er ist klar und konsequent. Jeder weiß, was zu tun ist und was passiert, wenn er es nicht tut. Er ist nicht ungerecht, aber eben konsequent. Führt ausschließlich über Zahlen.  Die Ansprüche an die Qualität im Service, Ambiente und Essen extrem hoch – und die Fluktuation der Mitarbeiter auch. Wenige Mitarbeiter schaffen es, sich die tägliche Motivation zur Hochleistung allein aus der Arbeit zu ziehen. Lob, Anerkennung und Wertschätzung sind theoretische Begriffe ohne praktische Anwendung und trotzdem hat das Unternehmen Blindbewerbungen ohne Ende und man ist stolz den Namen auf seiner Vita zu haben. Was soll dieser Unternehmer lernen? Wird er sich ändern?

Der Patriarch

Er hat seine Rechtsanwaltskanzlei zu einer der bedeutendsten in Berlin und über die Grenzen hinaus entwickelt. „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ … scheint seine Devise zu sein. Seine Mitarbeiter und Berufsträger, alles Lakaien, ohne Selbstwertgefühl. Auch hier ist man stolz, den Namen in seiner Vita zu haben. Wenn ich allein mit ihm spreche, so nach dem vierten oder fünften Bier ist er oft einsam, sehr einsam. Was nützt der Erfolg? Was soll dieser Unternehmer lernen? Wird er sich ändern?

Der alte Fuchs

Er hat seine Backstube zu einem Produktionsunternehmen ausgebaut. Er hat wenig theoretisches Wissen, aber sein Bauch lässt ihn nie im Stich. Seine Mitarbeiter kennen ihn als den väterlichen Chef, der immer da ist. Was er sagt, das tut er und man folgt ihm. Sein Steuerberater kennt ihn als gewitzten Kunden und seine Lieferanten schätzen seine Zuverlässigkeit. Leider lassen sich die vielen Filialen nicht mehr durch kurze Besuche und nettes Lächeln steuern und die fehlenden Kennzahlen lassen ihn immer mehr den Überblick verlieren. Noch meinen es alle gut mit ihm. Was soll dieser Unternehmer lernen? Wird er sich ändern?

Der Verwalter

Seine LKWs sind neu oder gepflegt wie neu. Seine BWAs kommen pünktlich am 10. des Folgemonats und werden abgeheftet. Kein Beleg geht verloren, alle Rechnungen werden sofort bezahlt. Er achtet auf Pünktlichkeit und genaue Abläufe. Qualität ist wichtig. Er ist immer vor Ort, auch samstags und sonntags und erwartet es von seinen Mitarbeitern auch. Die Mitarbeiter wissen nichts über ihn, nicht mal was er genau von ihnen erwartet. Wutausbrüche auf beiden Seiten sind Alltag. Strategische Überlegungen oder Vertriebsaktivitäten machen ihm Angst, werden nicht nur weggewischt, - sie kommen gar nicht erst. Was soll dieser Unternehmer lernen? Wird er sich ändern?

Der Fachmann

Er ist Meister seines Faches. Er produziert nicht eine Salami sondern 35 Varianten davon. Seine 48 unterschiedlichen Schinken sind allesamt Delikatessen. Seine Angestellten alles Experten.  Sein Geschäft vom Feinsten. Sein Geschäft in einem Ort mit 25% Arbeitslosigkeit. Seine Kunden - zu wenig und arbeitslos. Was soll dieser Unternehmer lernen? Wird er sich ändern?

Der Sohn

Er hat das gut gehende Unternehmen von den hart arbeitenden Eltern so halb übernommen und versucht seine Handschrift einzubringen. Das bedeutet zunächst Veränderung, die die Eltern nicht so gern sehen. Dann sind auf Grund mangelnder Erfahrungen einige Sachen schief gelaufen und er hat sich weggeduckt. Sein Vater hat für ihn ein paar fähige Führungskräfte eingestellt, die das Unternehmen am Laufen halten, während der Sohn Urlaub macht, spät kommt und früh geht, den Hund Gassi führt und sich weigert, die nötigsten Entscheidungen zu treffen. Was soll dieser Unternehmer lernen? Wird er sich ändern?

Die schlechte Nachricht ist: Natürlich ändern sich diese Menschen nicht oder nicht entscheidend. Die gute Nachricht ist: Wenn sie die Erkenntnis zulassen,  dass auch sie Schwachstellen haben, kann ihrem Unternehmen geholfen werden. Der Erfinder braucht einen Erlediger mit Durchsetzungskraft, der Bauchmensch einen Organisator mit Werkzeugen, der Verwalter einen kreativen Kommunikator, der Konsequente einen einfühlsamen Macher. Der Fachmann einen Kaufmann. Werden diese zweiten Hälften mit ausreichend Kompetenzen ausgestattet, kann eine wohltuende Balance ins Unternehmen kommen, dass sich dann auf den Weg zur Mitarbeitermarke aufmachen kann.

Weiterführende Fragen zum Text

1.    Was glauben Sie, was macht einen Unternehmer, eine Unternehmerin aus?
2.    Gibt es den idealen Unternehmer?
3.    Erkennen Sie sich irgendwo ein bisschen wieder?
4.    Kann man ‚Unternehmer sein‘ lernen?
5.    Was also braucht der Unternehmersohn?
6.    Wie viele Fortbildungen haben Sie als Unternehmer in den letzten Jahren gemacht in Sozialkompetenz, Methodenkompetenz oder Fachkompetenz?
7.    Was ist Ihre größte Stärke als Unternehmer und wie entwickeln Sie diese weiter?
8.    Was ist Ihre größte Schwäche und was unternehmen Sie, damit sie in Bezug auf Ihr Unternehmen unbedeutend ist?

Gedanken zu Fragen

Alle Aussagen, die hier in Bezug auf Unternehmer gemacht werden, gelten im gleichen Maße auch für Unternehmerinnen. Es verkürzt jedoch den Text und verstärkt das Lesevergnügen, wenn es nicht jedes Mal erwähnt wird.
1.    Was glauben Sie, was macht einen Unternehmer?
Ein Unternehmer, mit höchsten Kompetenzen auf allen Ebenen, wäre ganz weit vorn. Gibt es aber relativ selten. Daher steht immer die Überlegung im Raum, Leistungen, in Form von Fachleuten (guten Mitarbeitern) einzukaufen. Aber genau hier trifft man auf eine Stelle im Unternehmen, die der Unternehmer selbst im Auge haben muss. Nicht um jemanden zu suchen oder einzustellen, sondern um das Unternehmen so zu präsentieren, dass sich die richtigen Personen (wie immer sich der Unternehmer sich vorstellt) auch vorstellen können, dort zu arbeiten! Was ist dafür notwendig? Eine umfassende Vision, eine schlagkräftige Strategie, Menschenkenntnis und Empathie und ein aussagefähiges Controlling. Sie meinen, wir hätten Ordnung und Struktur vergessen? Nein, nicht vergessen, aber wie viel das Unternehmen davon braucht, hängt von der Art der Menschen ab, die dort arbeiten. Sicher ist eine gewisse Basis von Ordnung und Struktur nötig, aber wenn Sie sich mit ideenreichen, kreativen Menschen umgeben haben, werden Sie Schwierigkeiten haben, mehr Struktur durchzusetzen ohne die Effektivität Ihrer Mitarbeiter zu bremsen.


2.    Gibt es den idealen Unternehmer?
Wie ist der ideale Unternehmer? Jemand, der sehr erfolgreich ist oder reich oder beliebt oder glücklich? Geht auch alles zusammen?


3.    Erkennen Sie sich irgendwo ein bisschen wieder?
Das Spektrum ist sicher noch viel bunter als beschrieben und die Charaktere überzeichnet. Allen gemeinsam ist jedoch, dass allen geholfen werden kann, wenn sie es wirklich wollen. Finden Sie Ihre Stärken und Schwächen und wenn es schwerfällt, fragen Sie Ihre Mitarbeiter oder Lieferanten. Von außen sieht man es leichter, denn Fremdwahrnehmung ist immer anders als Eigenwahrnehmung.


4.    Kann man ‚Unternehmer sein‘ lernen?
Ja, für alle, die wirklich wollen, auch wenn es manchmal ein steiniger Weg ist. Allerdings, Ihre Einstellung dazu muss von innen kommen.


5.    Was also braucht der Unternehmersohn?
Der Unternehmer, der Unternehmer ist, weil sein Vater Unternehmer war und nicht weil er aus Überzeugung Unternehmer ist, sollte sich dringend, ggf. mit Unterstützung, die Grundsatzfragen beantworten: Wer bin ich und was will ich? Was treibt mich an? Was ist mir wichtig? Das sollte und wird Ihr Leben verändern.
Alle anderen Unternehmersöhne und –töchter müssen auch ihren eigenen Weg finden, was jedoch keine Grundsatzdiskussionen auslösen muss.


6.    Wie viele Fortbildungen haben Sie als Unternehmer in den letzten Jahren gemacht in Sozialkompetenz, Methodenkompetenz oder Fachkompetenz?
Egal, wie viele es waren, seien Sie sich Ihrer Vorbildfunktion und Verantwortung bewusst.


7.    Was ist Ihre größte Stärke als Unternehmer und wie entwickeln Sie diese weiter?
Kennen Sie Ihre Stärken? Wie bringen diese Stärken das Unternehmen weiter? Was brauchen Sie, um noch besser zu werden an der Stelle?


8.    Was ist Ihre größte Schwäche und was unternehmen Sie, damit sie in Bezug auf Ihr Unternehmen unbedeutend ist?
Schwächen zu haben ist normal. Man sollte es jedoch nicht auf sich beruhen lassen. Es ist auch nicht immer nötig, so lange an seinen Schwächen zu arbeiten, bis man ein akzeptables Maß an Können erreicht hat. Die Energie, die man an dieser Stelle investierte, brächte  10-fachen größeren Erfolg, wenn man stattdessen an seinen Stärken gearbeitet hätte. Suchen Sie sich einen Menschen (Mitarbeiter), der das perfekt kann, was Ihnen fehlt. Geben Sie ihm Handlungsspielraum und steuern Sie ihn (Kompetenzen und Controlling).

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