Mitarbeiter mitnehmen

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Gerade im Rahmen unserer Jahreszielplanungen, wenn wir uns
mit den Unternehmern darüber austauschen welche Ziele für
das anstehende Jahr geplant und umgesetzt werden sollen, hören
wir immer wieder: „Wir wollen unsere Mitarbeiter mehr mitnehmen!“
Ein wunderbar klingendes Ziel, aber da stellt sich doch sofort die
Frage, „wohin wollen Sie denn Ihre Mitarbeiter mitnehmen?“ Im Dialog
kommen dann meist so Aussagen wie: „sie sollen halt einfach
mehr machen“, „ die Mitarbeiter sollen sich mehr einbringen“, „sie
sollen mehr mitdenken“, ....


Stellen Sie sich vor, eine gute Bekannte/ein guter Bekannter lädt Sie
zu einer Reise ein. Sie/er sagt Ihnen nur, dass Sie verreisen und dass
Sie einen Koffer mitnehmen können. Genügt Ihnen das als Information
für eine bevorstehende Reise und fühlen Sie sich sicher genug,
die Reise vorzubereiten? Oder brauchen Sie etwa noch mehr
Informationen? Ich vermute letzteres.
Sicher möchten Sie als erstes wissen wohin die Reise geht, davon
hängt nämlich ab welche Art von Kleidung Sie einpacken sollten und
wie lange Sie unterwegs sind. Außerdem interessiertSie vielleicht wo
Sie untergebracht sind, wie viele Personen an der Reise teilnehmen
und eventuell noch wer. Vielleicht haben Sie auch noch Fragen zur
Reiseroute und zum genauen Ablauf.


Was heißt das nun für Ihr Unternehmen und Ihre Mitarbeiter?
Sie wollen also Ihre „Mitarbeiter mitnehmen“? Wissen Ihre Mitarbeiter
überhaupt wohin die Reise gehen soll? Sind Ihnen als Unternehmer
Ihre Unternehmervision und -ziele selber ganz klar? Gibt
es überhaupt eine Unternehmensvision und eine Reiseroute, sprich
kurz-, mittel- und langfristige Ziele? Wenn ja, wie genau sind Ihre Mitarbeiter
darüber informiert? Und was haben Sie dafür getan, dass
die Unternehmensziele auch Ziele Ihrer Mitarbeiter werden können?

Um als Mitarbeiter überhaupt entscheiden zu können, ob ich
irgendwohin mitgehen möchte, brauche ich verlässliche Informationen,
ob die Unternehmensvision und/oder die Ziele mit meinen
persönlichen Vorstellungen vereinbar sind. Außerdem interessiert
mich natürlich, wie wir vereisen – zu Fuß, mit dem Auto, der Bahn
etc. – also, wie sehen die Rahmenbedingungen aus? Welche Rahmenbedingungen
gibt es in Ihrem Unternehmen und was haben Sie
unternommen, um Ihren Mitarbeitern verständlich zu machen wie
diese aussehen und wie sie genutzt werden dürfen oder genutzt werden
sollen? Und wer hält das nach?


Des Weiteren interessiert mich als „Mitgehender“ der genaue Ablauf
der Reise, das gibt mir Sicherheit worauf ich mich da einlasse. Außerdem
möchte ich gerne wissen, wer für mich zuständig ist, falls
ich Fragen habe. Sind die Prozesse bzw. Abläufe in Ihrem Unternehmen
klar geregelt und für alle Mitarbeiter klar kommuniziert,
transparent und vereinbart, so dass ich ohne Probleme für mich
entscheiden kann was soll, muss oder darf ich tun? Sind alle Zuständigkeiten,
Verantwortlichkeiten und Weisungsbefugnisse klar
definiert und allen Beteiligten eindeutig kommuniziert?


Was passiert mit jemand, der keine Lust mehr hat und von der Reise
zurücktritt? Und was passiert mit Menschen, die sich der Reisegruppe
neu anschließen möchten? Für Ihr Unternehmen gesprochen
- wie sichern Sie abgehendesWissen bei ausscheidenden
Mitarbeitern und wie schaffen Sie es neue Mitarbeiter möglichst
schnell und umfassend ins Bild zu setzenund handlungsfähig zu machen?
Und was passiert mit Mitarbeitern, die trotz der klaren Reiseroute
einen anderen Weg einschlagen, vielleicht einen kleinen Umweg,
oder sogar einen besseren als den geplanten Weg? Wie gehen
Sie mit diesen Mitarbeitern um, die sich nicht genau an die Vorgaben
halten, sondern versuchen selber zu entscheiden? MaßregelnSie diese Mitarbeiter oder begrüßen Sie erstmal deren Entscheidung
und gehen Sie mit Ihnen ins Gespräch, warum Sie einen anderen
Weg eingeschlagen haben, wie dieser Weg war, was davon gut
und was man lieber nicht wiederholen sollte?
Es gibt also eine Menge an Fragen die es zu klären gilt, bevor man
tiefgründig über das Thema „Mitarbeiter mitnehmen“ nachdenken
kann. Dies ist insbesondere deswegen von Bedeutung, da „Mitarbeiter
mitnehmen“ kein Zustandswechsel ist, der durch einmalige
Aktionen (z.B. Workshops, Mitarbeitertag, Sommerfest o.ä.) erzielt
wird, sondern „Mitarbeiter mitnehmen“ bedeutet, sich auf einen tiefgreifenden
Veränderungs-Prozess einzulassen, der auch nicht mehr
aufhört! Wir sprechen in diesem Fall eher von einem angestrebten
Kulturwandel innerhalb des Unternehmens -das muss allen Verantwortlichen
klar sein und sie müssen es auch wollen - ! Lippenbekenntnisse
helfen an dieser Stelle nicht weiter, sind eher sogar kontraproduktiv
und zerstören jeglichen Nährboden für eine wirkliche
Veränderung.


Es geht darum Vertrauen zu schaffen, Ängste ernst zu nehmen,
Widerstände nicht niederzubügeln sondern aufzunehmen und zu
bearbeiten, Mut anzuerkennen, Offenheit zu fördern, ein tatsächliches
Miteinander zu kreieren und nicht zuletzt darum sich klar zu
machen, dass es auch zu Machtverschiebungen kommen wird, was
insbesondere für die Führungskräfte ein Thema sein kann.


„Mitarbeiter mitnehmen“ ist daher für Alle im Unternehmen eine
große Herausforderung, nicht zuletzt auch für die Mitarbeiter selbst.

Und dennoch: … „Die besten Reformer, die die Welt gesehen
hat, sind die, die bei sich selbst anfangen …
George Bernard Shaw

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