Ein motivierter Mitarbeiter ist nicht unbedingt ein engagierter Mitarbeiter

Ein motivierter Mitarbeiter ist nicht unbedingt ein engagierter Mitarbeiter

… mit diesem Satz überraschte mich eine eher links-hirnige (z.B. rational, zahlenorientiert, strukturiert) Unternehmerin. Sie hatte das Gefühl, dass sie durchaus viele motivierte  (im Sinne von zuverlässig, loyal) Mitarbeiter in ihrem Unternehmen hätte, die aber dennoch Potential hinsichtlich ihres Engagements (im Sinne von mitdenken, vorausschauend sein) hätten.

Mir ging in einem Blitzlicht mein ganzes Wissen zu diesem Thema durch den Kopf:

  • intrinsische-, extrinsische Motivation
  • das Menschen nur intrinsisch motiviert sind
  • man sie nicht motivieren kann, sondern aufhören muss, sie zu demotivieren
  • Motive entstehen aus persönlichen Werten (Sinn), die zu den Unternehmenswerten und damit zur Unternehmenskultur passen sollten (sinnstiftende Motivatoren)
  • usw.

Aber das alles gab keine Erklärung auf dieses Statement.

Zunächst fragte ich sie, wie es mit ihrer eigenen Motivation aussähe. Eigentlich konnte ich mir das selbst beantworten, hatte ich sie stets mit leuchtenden Augen und einem Lächeln im Gesicht erlebt, wenn sie von ihrem Unternehmen und den Mitarbeitern sprach. Arbeitstage von 10 – 12 Stunden, an sechs Tagen die Woche, begründete sie meist mit, „der Laden ist einfach mein Leben, Herr Hilliger“!  Das bedeutete, dass sie zu tiefst intrinsisch motiviert war, was sie in ein extremes Engagement, im Sinne von Arbeitseinsatz im und Gedanken an das Unternehmen umsetzte.

Aber genau das schien auch der Schlüssel. Sie erwartete nämlich ein ähnliches Engagement von jedem Mitarbeiter, egal auf welcher Position er beschäftigt war.

Ich erläuterte ihr in der Folge den Unterschied von intrinsischer und extrinsischer Motivation:

Intrinsisch ist das Bedürfnis, etwas zu tun, weil einen das Thema, mit dem man beschäftigt ist, selbst interessiert. Man empfindet also Spaß und einen gewissen Genuss dabei, es zu tun. Dabei entsteht immer Sinnerfüllung -> engagiert

Extrinsische Motivation ist das Bedürfnis, etwas zu tun, um ein Ergebnis zu erzielen, das von jemand (oder einer Gesellschaft) Außenstehenden gewünscht wird. Im schlechtesten Fall einen Acht-Stunden-Tag endlich abzuschließen, im besten Fall, etwas zu tun, was einen in gewisser Weise auch interessiert. Dafür gibt es eine „Belohnung“, z.B.  Geld, Schulnote einen Pokal oder einen Orden. -> motiviert

Allerdings: Diese Unterscheidung ist hilfreich, aber auch grob vereinfachend.

Bei der Suche zum Thema Motivation fielen mir die 10 Motivatoren eines Kollegen, in die Hände, der sich mit alternativen Führungsverhalten befasst. Er hat aus unterschiedlichen Motivations-Modellen 10 intrinsische Motivatoren mit Erklärungen herausgearbeitet. Bei dem Versuch ihnen eine Rangfolge der Wichtigkeit z.B. bei seiner Arbeit zu geben, würde jeder seine eigene, individuelle Reihenfolge legen.

Versuchen Sie einmal, folgende Faktoren, auf Kärtchen geschrieben, für sich zu ordnen:

  • was bekommt sofort die Eins, für: ist mir sehr wichtig bei meiner Arbeit
  • und was die Zehn, für: ist mir nicht wichtig?

Sie können das auch bei Ihrem nächsten Treffen mit Gleichgesinnten thematisieren und lebhaft über die Begriffe und die Kurz-Beschreibungen diskutieren.

  1. Ehre: Menschen sind stolz darauf, dass sich ihre Werte in dem, was sie tun, wiederspiegeln.
  2. Wissbegierde: Menschen wollen vielfältige Dinge erforschen und darüber nachdenken.
  3. Freiheit: Menschen sind mit ihrer Arbeit und ihrer Verantwortung unabhängig.
  4. Anerkennung: Mitarbeiter wertschätzen gegenseitig, was sie tun und wer sie sind.
  5. Perfektionierung: Ihre Arbeit fordert und fördert Ihre Kompetenz, überfordert sie aber nicht.
  6. Einfluss: Ihre Arbeitsstelle gibt ihnen genug Raum(Kompetenz und Zeit), um das zu beeinflussen, wofür sie verantwortlich sind und darüber hinaus.
  7. Verbundenheit: Mitarbeiter haben erfüllende, soziale Kontakte in ihrem Arbeitsumfeld.
  8. Ordnung: Es gibt genug Regeln und Richtlinien für ein stabiles Arbeitsumfeld.
  9. Ziele: Ihr Lebensziel spiegelt sich in Ihrer Arbeit wieder.
  10. Status: Diesen Menschen ist es wichtig etwas Besonderes zu sein und dies auch zu zeigen.

Bei besagter Unternehmerin lag das Kärtchen „Freiheit“, „Ziele“ und „Einfluss“ ganz oben. Am unwichtigsten war ihr das Kärtchen „Status“, was sie z.B. dadurch ausdrückt, dass ihr Dienstwagen noch immer ein älteres Modell eines dt. Herstellers aus Wolfsburg war.

Sofort wollte sie mit mir über die Erläuterung der Begriffe diskutieren, was ich direkt abbog. Auch hier, wie an so vielen anderen Stellen, wenn es um Führung geht, kommt es nicht auf das einzelne Wort an, sehr wohl aber darauf, dass man untereinander über die Dinge ins Gespräch kommt und am Ende alle Gesprächspartner den Begriffen dieselbe Bedeutung geben.

Unternehmer und Führungskräfte sollten einen Rahmen bieten, der eine möglichst intrinsische Motivation der Mitarbeiter fördert. Nutzen Sie die Zeit, um zu verstehen, warum das System (Unternehmen, Verein, Familie, …) zu wenig intrinsische Motivation erzeugt und versuchen Sie das System und nicht den (die) Menschen zu verändern.

Manage the System, not the People!

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